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So beugt der Übergabevertrag Konflikten vor

Die Hofübergabe bedeutet für die beide Generationen den Beginn eines neuen Lebensabschnitts. Besonderes Augenmerk sollten alle Beteiligten auf das Wohnrecht legen. Wer Konflikte vermeiden will, muss beim Übergabevertrag sorgfältig sein.

Im Hofübergabevertrag wird in der Regel ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht der Altenteiler auf dem Hof vereinbart. Neben dem Betrieb geht im Übergabevertrag regelmäßig auch das Wohnhaus über.

Zwar sorgen heute immer mehr ältere Landwirte vor, indem sie sich beizeiten eine Wohnung außerhalb des Betriebs kaufen, in die sie nach der Übergabe ziehen. Dennoch ist das Wohnrecht auf dem Hof in abgetrennten Räumlichkeiten, die für den neuen Eigentümer nicht zugänglich sind, weiter die Regel.

Geltungsbereich des Wohnrechts

„Auch wenn der Trend zu mehr Individualität geht, hat sich beim Wohnbedarf wenig geändert“, sagt Helmut Bleher, Geschäftsführer des Bauernverbands Schwäbisch Hall Hohenlohe Rems. In aller Regel sind die Betriebswohnhäuser als Mehrfamilienhäuser ausgelegt oder es bestehen gesonderte Altenteilerwohnhäuser oder Anbauten.

Trotzdem ist das Konfliktpotenzial beim Thema Wohnen groß. Mehr noch als früher versucht Bleher deshalb in den Beratungen darauf hinzuwirken, „dass das Leben von Altenteilern und Betriebsleiterfamilie so unabhängig wie möglich voneinander gestaltet werden kann“. Angestrebt werden sollten, wo immer möglich, abgeschlossene Wohneinheiten.

Leben beide Generationen unter einem Dach, ist eine Aufteilung nach Stockwerken sinnvoll. Bei beengten Verhältnissen kann das Wohnrecht aber auch auf einzelne, sogar verstreut liegende Zimmer erstreckt werden. Bei der Bestellung von Wohnrechten im gleichen Haus sollten die Zimmer, in denen das Recht ausgeübt werden soll und die zum gemeinschaftlichen Gebrauch vorgesehen sind (z. B. Keller, Waschküche), konkret benannt werden.

10 Tipps zur Regelung des Wohnrechts

  • Wohnrecht auf die notwendigen Räume begrenzen
  • Wohnrecht nur an untergeordneten Teilen des Betriebs und Wohngebäudes einräumen
  • Rückzugsmöglichkeiten einplanen, nach Möglichkeit abgeschlossene Wohnbereiche für Alt und Jung
  • Standardformeln wie „freier Umgang auf dem Hof“ vermeiden und stattdessen klare Abgrenzungen, nicht nur beim unmittelbaren Wohnbereich
  • Bereiche wie Freizeiträume und Keller vertraglich von der Nutzung durch den Hofübergeber ausschließen
  • Regelungen wie unter Fremden treffen, aber nur so viel vertraglich regeln, wie in einem anwaltlich geführten Streit gegenseitig angemahnt werden soll
  • Dingliche Absicherung des Wohnrechts („Leibgeding“), diese aber im Grundbuch auf das Notwendige beschränken
  • Schönheitsreparaturen im Vertrag als notwendige Leistungen benennen
  • Zustand der Wohnung schriftlich und mit Fotos dokumentieren
  • Mitspracherechte der Hofübernehmer bei Renovierungen einräumen

Rückzugsmöglichkeiten einplanen

Rechtsanwalt Josef Deuringer von der auf Agrarrecht spezialisierten Kanzlei Meidert in Augsburg rät nicht nur im unmittelbaren Wohnbereich zu klaren Abgrenzungen: „Ein klassischer Konfliktherd ist der Hausgarten“, weiß er aus seiner Praxis. Es sei ratsam, im Übergabevertrag auch dort feste Bereiche für die Altenteiler zu definieren. Ebenso sollten Park-/Garagenflächen oder etwa die gemeinsame Nutzung einer Werkstatt im Übergabevertrag klar definiert bzw. bestimmte Bereiche vertraglich von der Nutzung ausgeschlossen werden.

Im Hofübergabevertrag sollten diese Dinge „wie unter Fremden“ geregelt werden. Denn je offener man den Vertrag gestaltet, desto eher stoßen die Beteiligten bei Konflikten an ihre Grenzen. Wenn es dann im Alltag anders gelebt wird und Alt und Jung sich gut vertragen, umso besser.

Absicherung des Wohnrechts

Die Auflistung der Räumlichkeiten muss auch deshalb so genau sein, weil das Wohnrecht im Grundbuch eingetragen wird. Sind sich beide Parteien einig, können sie jederzeit von den vertraglichen Regelungen abweichen. Gibt es Streit, zählt jedoch ausschließlich, was im Übergabevertrag festgeschrieben wurde.

Immer wichtiger wird bei den heutigen Investitionshöhen und der oft grenzwertigen Beleihungsmöglichkeit der Eigenflächen die dingliche Absicherung des Wohnrechts.

Die Altenteilleistungen sollten im Grundbuch als sogenanntes Leibgeding abgesichert werden. Traditionell wird dabei der gesamte Grundbesitz belastet – was zwar mehr Sicherheit, aber für den Hofübernehmer das Risiko einer erschwerten Beleihung birgt. Immer wieder gibt es Fälle familiärer Konflikte, bei denen der Übergeber die Zustimmung zur Lastenfreistellung verweigert. „Im Normalfall reicht zur Absicherung eine Eintragung auf Hofteile, hier sollte man sich auf das Notwendige beschränken“, sagt Stefan Müller von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.

Im Einzelfall ist zu prüfen, ob ein erstrangiger Grundbucheintrag – unter Umständen mit Vermessung einer gesonderten ‚Wohnparzelle‘ – die Wohnung der Altenteiler sicherstellen kann oder soll.

Für Wohnungen und Grundstücke, deren Nießbrauch zurückbehalten wird, greift nicht die zehnjährige Verjährungsfrist beim Pflichtteilsrecht oder beim Rückforderungsrecht nach § 528 BGB bei Verarmung. Das böse Erwachen kann also kommen, wenn entweder die weichenden Erben nach dem Tod der Altenteiler noch Pflichtteilsrechte aus dem zurückbehaltenen Eigentum geltend machen oder wenn bei einem Sozialhilfeantrag im Rahmen von Pflegebedürftigkeit zuerst das eigentlich schon vor Jahrzehnten übergebene Altenteilerwohnhaus verwertet werden muss.

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Die Nebenkosten für die Altenteilerwohnung – insbesondere für Wasser, Abwasser, Strom, Heizung und Müll – trägt in aller Regel der Übernehmer. Das ist sinnvoll, da dieser ohnehin mit den verschiedenen Versorgern abrechnen muss. Und für die Altenteiler ist es eine Erleichterung, sich um diese Dinge nicht im Detail kümmern zu müssen.

Damit der Hofnachfolger Kosten für Renovierungen und Schönheitsreparaturen am Altenteilerhaus steuerlich geltend machen kann, müssen diese im Übergabevertrag als notwendige und mit dem Wohnrecht verbundene Leistungen benannt werden. Es muss geregelt sein, dass der Übernehmer die Altenteilerwohnung „in gutem/zeitgemäßem/angemessenem Zustand“ zu halten hat. Sinnvoll ist es, den Zustand der Wohnung zum Übergabezeitpunkt schriftlich und auf Fotos festzuhalten.