Alternative Formen der Betriebsübergabe
Unter den Bauernfamilien ohne eigenen Hofnachfolger gibt es immer mehr, die ihre Betriebe als Ganzes erhalten und das Land nicht an den Meistbietenden verpachten oder verkaufen wollen. In diesem Fall wird auch eine Übergabe an Familienfremde in Betracht gezogen. Diese außerfamiliäre Hofübergabe bietet für die Landwirtschaft die Chance, eine vielfältige bäuerliche Kultur zu erhalten. Da Existenzgründer aber meist über wenig Eigenkapital verfügen, übernehmen sie selten große und wirtschaftlich gut situierte Betriebe. Existenzgründungen bieten daher in ihrer gegenwärtig anzutreffenden Form keine ausreichende Lösung für die ungeklärte Hofnachfolge großer Betriebe. In Großbetrieben ist es für Personengesellschaften und juristische Personen meistens vorteilhafter, das Unternehmen als funktionierende wirtschaftliche Einheit zusammen mit den Pacht- und verträgen zu verkaufen. Hier gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Den Asset Deal und den Share Deal.
Share Deal und Asset Deal
Bei einem Share Deal wechseln Geschäftsanteile den Besitzer. Das geht nur bei einer Personen- oder Kapitalgesellschaft. Das Unternehmen bleibt als Rechtspersönlichkeit unverändert bestehen.
Bei einem Asset Deal werden Vermögensanteile eines Betriebes erworben. Das können Flächen, Gebäude, Maschinen oder Umlaufvermögen sein. Diese sind dann konkreter Gegenstand eines Kaufvertrags. Der Asset Deal wird in der Regel dann gewählt, wenn es sich bei dem Eigentümer um eine natürliche Person handelt, die zum Verkauf stehende Gesellschaft nicht weitergeführt oder nur ein Teil des Betriebs verkauft werden soll.
Der Genossenschaftsverband, zu dessen Aufgaben es zählt, seine Mitglieder im Zuge einer Unternehmensnachfolge zu beraten, hat die landwirtschaftliche Struktur in den neuen Bundesländern untersucht und mehrere Faktoren identifiziert, die diese Großbetriebe für Investoren so interessant machen, sowie die Vor- und Nachteile von Share Deals und Asset Deals in der Landwirtschaft herausgearbeitet.
Vorteile eines Share Deals
- Es wird ein funktionierendes Gesamtgefüge übernommen
- Weder Produktion noch Rechtsverhältnisse werden unterbrochen
- Es kommt keine Unruhe in die Region
- Die Ansprechpartner für Pächter, Händler, Institutionen bleiben zunächst gleich
Nachteile eines Share Deals
- Kompliziertes Prüfungsverfahren
- Zusätzliche steuerliche Fragestellungen (wenn auch privilegiert)
- Erwerber kauft ggf. auch Dinge, die er nicht will
- Nicht nur stille Reserven, sondern auch stille Risiken
Vorteile eines Asset Deals
- Haftungsrisiko stark eingeschränkt – in der Regel nur Aktivvermögen
- Eindeutige Bewertungsfragen oder Vergleichspreise
- Es wird nur gekauft, was gebraucht wird
- Keine Problematik bezüglich bestehender Arbeitsverhältnisse
Nachteile eines Asset Deals
- Der Bodenmarkt ist weitgehend aufgeteilt – es ist nur noch ein kleinteiliger Zukauf möglich
- Bodenkäufe sind grundsätzlich genehmigungspflichtig (Grundstücksverkehrsgesetz)
- Pachtverhältnisse können nicht übernommen, sondern müssen neu ausgehandelt werden
- Übernahme günstiger Verträge (Förderkredite) nur in Ausnahmen möglich
- Wenn es sich nicht um einen Betriebsübergang handelt, ist der Abschluss neuer Arbeitsverträge erforderlich
Unterschiedliche Rechtsformen in der Landwirtschaft
Nach Rechtsformen betrachtet dominieren die landwirtschaftlichen Einzelunternehmen, die in der Regel als Familienbetriebe geführt werden. So zählten nach der Agrarstrukturerhebung 2016 89 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe Deutschlands zu den Einzelunternehmen und 9 Prozent zu den Personengesellschaften. 2 Prozent der Betriebe gehörten zur Rechtsform der juristischen Personen (GmbH, Genossenschaft, AG).
Vor allem durch zahlreich neu entstandene GmbHs ist die Zahl der juristischen Personen zwischen 2010 und 2016 laut Deutschem Bauernverband von rund 5100 auf rund 5500 angestiegen (einschließlich juristische Personen des öffentlichen Rechts). In den neuen Bundesländern ist eine vergleichsweise hohe Zahl von 3700 Kapitalgesellschaften, eingetragenen Genossenschaften und Aktiengesellschaften tätig. Im früheren Bundesgebiet haben 1800 Unternehmen die Rechtsform einer juristischen Person gewählt.
Unterschiede in Ost und West
Die Zahl der Personengesellschaften und GmbHs hat seit 1999 deutlich zugelegt, während Einzelunternehmen, aber auch Genossenschaften deutlich weniger geworden sind. Die starke Zunahme der Zahl der Personengesellschaften, vor allem in Form von Gesellschaften bürgerliches Rechts (GbR), hat besonders im früheren Bundesgebiet stattgefunden. Im Osten Deutschlands hat die Zahl der landwirtschaftlichen Personengesellschaften in der Rechtsform der GmbH & Co. KG zugenommen. Von GmbHs werden mittlerweile 9 Prozent der Agrarfläche Deutschlands bewirtschaftet, im Osten Deutschlands sind es sogar entsprechend 25 Prozent. Weitere 23 Prozent der Fläche werden dort von Agrargenossenschaften bewirtschaftet.
In den neuen Bundesländern arbeiten nach Erkenntnis der DZ Bank über 800 Agrargenossenschaften. Diese Unternehmen sind aus den früheren Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften der DDR (LPG) hervorgegangen. Sie wurden von den Mitgliedern nach der deutschen Wiedervereinigung auf freiwilliger Basis in eingetragene Genossenschaften (eG) umgewandelt. Während die Landwirte, die den Raiffeisen-Genossenschaften angeschlossen sind, als selbstständige Unternehmer nur Teilfunktionen wie Beschaffung oder Absatz auf ihre Genossenschaften übertragen haben, betreiben die Mitglieder der Agrargenossenschaften alle Teilbereiche der landwirtschaftlichen Produktion in einem gemeinsamen Genossenschaftsbetrieb.
Das schätzen Käufer an ostdeutschen Landwirtschaftsbetrieben
- Betriebe sind in ihrer Struktur seit Jahren stabil
- Die Produktion erfolgt in neuen oder rekonstruierten Großanlagen
- Der Personalstand ist optimiert, die Arbeitskräfte sind qualifiziert und spezialisiert, das Management gut ausgebildet
- Die Betriebe verfügen über einen Eigentumsanteil an Boden von 30 bis 50 Prozent, bei steigendem Wertansatz für den Boden
- Die Finanzmärkte suchen nach Anlagemärkten
- Landwirtschaft ist ein attraktiver Entwicklungsmarkt
Die drei häufigsten Übernahmemodelle
Bei Personen- oder Kapitalgesellschaften ist der Generationswechsel häufig auch ein Gesellschafterwechsel. Wenn in einem landwirtschaftlichen Unternehmen Gesellschaftsanteile zum Verkauf stehen, dann werden in der Praxis üblicherweise drei typische Übernahmemodelle angewendet.
- Ein neuer Gesellschafter übernimmt komplett und die bisherigen Gesellschafter steigen aus
- Die Gesellschaft kauft selber die Anteile der ausscheidenden Gesellschafter
- Ein neuer Gesellschafter steigt ein (zum Beispiel eine junge Führungskraft aus dem eigenen Unternehmen wird Mitgesellschafter)
Ob Existenzgründer oder neuer Gesellschafter: Wer den Einstieg in einen Landwirtschaftsbetrieb plant, muss sich im Vorfeld über die Finanzierung en Detail Gedanken machen. Die Unternehmensberatung Hanse Agro hat die häufigsten Schwachstellen bei der Unternehmensübernahme identifiziert.
Typische Finanzierungsfehler
- Start mit zu wenig Eigenkapital
- Keine rechtzeitigen Verhandlungen mit der Hausbank
- Kein Vergleich der Konditionen und Leistungen verschiedener Geldinstitute
- Mangelhafte Vorbereitung auf die Gespräche mit Geldgebern
- Verspätete Beantragung öffentlicher Finanzierungshilfen oder nicht ausgeschöpft
- Bearbeitungsdauer unterschätzt
- Lediglich grobes Überschlagen des Kapitalbedarfs
- Nutzung von Kontokorrentkrediten zur langfristigen Investitionsfinanzierung
- Finanzielle Überbelastung durch zu hohen Kapitaldienst
- Unterschätzung des Bedarfs an Betriebsmitteln (Werkzeug, Büroeinrichtung)
- Zu hohe Fixkostenbelastung
- Zu hoher Kaufpreis bei Übernahme
- Überschreitung des Finanzbudgets durch nicht geplante zusätzliche Investitionen