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Ohne Steuer-Check können Überraschungen auftauchen

Steuer-Experte Dr. Norbert Reichhold empfiehlt Hofübergebern und -Nachfolgern, vor einer Hofübergabe rechtzeitig auch einen Steuerberater einzubeziehen.

Wer erbt den Hof – und was gehört überhaupt zum Hof? Diese Fragen stehen vor einer Hofübergabe. „Viele Landwirte haben den Termin beim Notar fest im Blick. Aber nicht alle denken an die steuerrechtlichen Folgen, die im Zuge einer Hofübergabe aufkommen“, sagt Dr. Norbert Reichhold, Geschäftsführer der LWB Steuerberatung und Fachanwalt für Steuerrecht, aus Büdingen. Der Experte kennt die Themen der Landwirte nicht nur als Jurist: Reichhold hatte vor seinem Studium eine Ausbildung zum Landwirtschaftsgehilfen abgeschlossen, weiß, dass viele Bauern Herzblut in ihren Hof stecken und viele Fragen nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine familiäre Antwort haben müssen. „Wenn Vater und Sohn sich nicht verstehen, kann keine Gesellschaftsform empfohlen werden. Dann können sie auch nicht in einer GbR zusammenarbeiten“, sagt Reichhold, der bis März 2022 ehrenamtlich Präsident der Industrie- und Handelskammer Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern war.

Vor einer Hofübergabe sei das Wichtigste, im Gespräch und mithilfe eines Steuerfachmanns zu klären, was alles zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen dazugehört. „Manchmal tauchen Überraschungen auf: Da gibt es nicht aktivierte Grundstücke oder aktivierte, die inzwischen Bauplätze geworden sind.“ Die vergessene Wiese am Ortsrand könne 20 Jahre später ein Filetstück für Wohnbebauung sein. Auf vielen alten und großen Gehöften stehen Wohnhäuser, die eigens gebaut wurden, um vermietet zu werden. Diese gehören dann zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen – das müsse beachtet werden. „Es gibt Tausende von unterschiedlichen Fällen, aber nur eine Kernaussage: Das aktuelle Betriebsvermögen muss geklärt werden.“
Denn spätestens dann – und das komme leider vor – wenn kein Steuerberater vor dem Hofübergabevertrag hinzugezogen worden sei und mehrere Erben vorhanden sind, könne schnell eine sogenannte Entnahme aus dem Betriebsvermögen vorliegen: Wenn das besagte vermietete Wohnhaus auf der Hoffläche zum Beispiel dem zweiten Sohn übergeben wird. In diesem Fall rät der Steuerrechts-Experte, das Wohnhaus vom landwirtschaftlichen Betriebsvermögen abzuspalten, es in ein gewerblich geprägtes Betriebsvermögen auszulagern – etwa in Form einer GmbH & Co. KG. „Dann bleibt es Betriebsvermögen, führt aber nicht zur Versteuerung.“

In der Praxis übergeben Landwirte in Hessen den Hof häufig als ruhenden Betrieb an einen Sohn oder Tochter weiter, der oder die diesen verpachtet, so Reichhold. Ein Verkauf des Hofs sei ab dem Alter von 55 Jahren eine Betriebsaufgabe und steuerrechtlich vergünstigt. Er rate älteren Landwirten, die Vergünstigungsregeln voll auszuschöpfen. Sind die Erben bereits schon älter, um die 50, lohne es sich für sie, eine GbR zu gründen, bis sie 55 Jahre alt sind. Dann könne jeder einzeln die Betriebsaufgabe geltend machen, allerdings ist bei einem Verkauf die Spekulationsfrist (zehn Jahre) zu beachten.

 

„Landwirte mit Leib und Seele denken häufig an ihre Arbeit für den Betrieb, aber nicht immer an die Regelungen, die bei einer Hofübergabe anstehen. “ Dr. Norbert Reichhold, Geschäftsführer der LWB Steuerberatung und Präsident der Industrie- und Handelskammer Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern.

Nach der Hofübergabe ist vor der Hofübergabe, so Reichholds Empfehlung. „Viele Landwirte, die einen Betrieb übernehmen, haben keine eigene Familie. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht. Sie haben gerade eine Hofübernahme erlebt, denken aber nicht an ihre eigene Übergabe.“ Man sollte aber rechtzeitig für den Krankheitsfall vorsorgen. „Man sollte mindestens ein Unternehmertestament haben. Ändern kann man es jederzeit, sollte sich an der familiären Situation etwas ändern“, so der Fachanwalt.

„Das vorausschauende Denken ist wichtig. Landwirte mit Leib und Seele denken häufig an ihre Arbeit für den Betrieb, aber nicht immer an die Regelungen, die bei einer Hofübergabe anstehen.“
Wie andere Experten auch, rät Reichhold dazu, keine Rückübergabeklausel in den Hofübergabevertrag einzubauen. Der Grund: Immer häufiger komme es vor, dass in der Rechtsprechung diese keinen Bestand hat, Gerichte von einer nicht wirksamen Schenkung sprechen. Gründe für Rückübergabeklauseln seien häufig Scheidungen. Der Altlandwirt fordert den Hof zurück, sobald der Erbe sich scheiden lässt. „Ich rate da lieber zu einem Ehevertrag. Die Ehe bleibt eine Zugewinn-Gemeinschaft, aber man kann damit einvernehmliche Regelungen treffen, die den Zugewinnausgleichanspruch zum Beispiel auf Wertsteigerungen des übernommenen Betriebsvermögens ausklammern“, sagt Reichhold.

Von der Steuer befreit

  • Um zu klären, ob eine Steuer anfällt, muss zunächst der Betrieb bewertet werden. Dies erfolgt nach den Regeln des Be­wertungsgesetzes.
  • Bei der Übertragung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe zu Lebzeiten fällt in der Regel keine Erbschafts- und Schenkungssteuer an.
  • Das originär landwirtschaftlich genutzte Vermögen ist von der Steuer befreit.
  • Konkret: befreit sind land- und forstwirtschaftlicher Nutzgrund
  • Wirtschaftsgebäude und Betriebsvorrichtungen, Tiere und Maschinen, die zum Inventar gehören, sind ebenfalls befreit
  • Außerlandwirtschaftliches Vermögen, also zum Beispiel Immobilien oder Bargeld, werden besteuert. Dafür gilt dann der entsprechende Freibetrag des Übernehmers.
  • Ein Steuerberater kann Tipps zu Steuerersparnissen geben. Dies sollte vor dem Hofübergabevertrag erfolgen