„Manchmal warten die Eigentümer zu lange“
Wie viel Zeit muss ein Hofeigentümer für eine Hofübergabe einplanen?
Kerres: In den allermeisten Fällen tragen sich die Hofeigentümer schon sehr lange mit dem Gedanken, den Hof irgendwann zu übergeben, bevor dieser Entschluss abschließend reift. Dabei gilt natürlich, dass der Zeitraum für die Umsetzung der Hofübergabe sich verkürzt, wenn der Hofübergeber und die übrigen Beteiligten sich im Vorfeld mit der Thematik auseinandergesetzt haben und eine entsprechende Einigung zwischen den Beteiligten schon herbeigeführt ist. Rein formal-juristisch ist davon auszugehen, dass etwa ein halbes Jahr für die Umsetzung der Hofübergabe ausreichend sein sollte. Von einer ersten Beratung über die Erstellung eines notariell zu beurkundenden Vertrages bis hin zur Umschreibung im Grundbuch und der zuvor einzuholenden Genehmigung des Landwirtschaftsgerichts.
Das Interview wurde erstmals 2018 veröffentlicht.
Und wenn bestimmte Fristen eingehalten werden müssen?
Kerres: In der Praxis halte ich einen Zeitraum von einem Jahr und mehr eher für realistisch, da regelmäßig vor der Erstellung eines notariellen Vertrages im Rahmen der Beratungen des Hofübergebers einige Bedenkphasen des Übergebers, des Hoferben oder der weichenden Erben eingeplant werden müssen. Darüber hinaus ist der für die notarielle Beurkundung sowie die Genehmigung des Landwirtschaftsgerichtes einzuplanende Zeitraum sehr stark von der Arbeitsbelastung des Notars beziehungsweise des Landwirtschaftsgerichtes abhängig. Sofern also der Übergeber des Betriebes den Betrieb zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeben möchte, weil er etwa die Altersrente nach dem ALG, dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte, beantragen und die Abgabe des landwirtschaftlichen Betriebes durch die Übergabe nachweisen möchte, sollte er allerspätestens ein Jahr vor diesem Zeitpunkt eine entsprechende erste Beratung wahrnehmen.
Wie läuft eine Hofübergabe ab, wenn es keinen innerfamiliären Nachfolger gibt?
Kerres: Die Fälle, in denen der Hofeigentümer den Betrieb familienfremd überträgt im Sinne einer Hofübergabe, sind recht selten. In den allermeisten Fällen wählen die Eigentümer landwirtschaftlicher Betriebe den Weg der Verpachtung, wenn kein familiärer Hofnachfolger zur Verfügung steht. Die Fälle, in denen gleichwohl der Hof zu Eigentum übergeben wird, setzen regelmäßig ein großes Vertrauen voraus. Daher sind der außerfamiliäre Hofübernehmer und der Hofübergeber regelmäßig schon lange bekannt. Sollte dem nicht so sein, gibt es für die Landwirte auch verschiedene Online-Angebote, sich über mögliche Hofnachfolger zu informieren, wie etwa www.hofsuchtbauer.de oder andere Anbahnungsportale. Da Hofübergabeverträge regelmäßig auch in die Erbfolge eingreifen und auch höchstpersönliche Dinge geregelt werden wie etwa Pflegeverpflichtungen und das gemeinsame Wohnen, bietet sich ein solcher Vertragsinhalt aus Sicht des Unterzeichners nicht an. Hier wäre eher zu denken an einen Verkauf des Betriebes auf Rentenbasis oder eben einen unmittelbaren Verkauf des Betriebes. Bei der außerfamiliären Hofübergabe muss jedoch zunächst genau geprüft werden, welches Konzept auf den Einzelfall am besten passt.
Ein Hofübergabevertrag umfasst weitreichende Regelungen. Gibt es Bereiche, die man vielleicht erst nach einer gewissen Zeit nachverhandeln sollte?
Kerres: Es ist nicht ratsam, Dinge, die zu regeln sind, in dem Vertrag nicht zu regeln. Denn der Hofübergabevertrag ist regelmäßig abschließend, das heißt eine Nachverhandlung ist nicht möglich, es sei denn, eine solche ist in dem Vertrag vorgesehen. Eine solche offene Klausel sollte auch aus Gründen der Klarheit der Vereinbarungen vermieden werden. Denn der Hofübergeber muss wissen, mit welchen Zahlen er für die Zukunft planen kann. Gleiches gilt für den Hofübernehmer und auch für die weichenden Erben, die in solchen Verträgen häufig ja auf ihre Erbrechte zumindest zum Teil verzichten. Der einzige Bereich, der regelmäßig gleitend vereinbart wird, ist die Leibrente für den Übergeber, die als dauernde Last der Höhe nach einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich ist und auch durch gerichtliche Entscheidung angepasst werden kann, sofern die Parteien des Vertrages sich nicht entsprechend einigen können.
Welche Fehler machen die meisten Mandanten im Vorfeld einer Hofübergabe?
Kerres: Ich würde hier nicht von Fehlern im Vorfeld sprechen. Denn im Ergebnis zählt, was in dem Hofübergabevertrag vereinbart wird. Wenn zu diesem Zeitpunkt eine gute Lösung möglich ist, sind etwaige Fehlschritte im Vorfeld auch wieder ausgeglichen. In einigen Fällen ist jedoch feststellbar, dass die Eigentümer mit der Hofübergabe selbst vielleicht zu lange warten. Häufig ist zum Beispiel der zukünftige Hofübernehmer schon lange Pächter des gesamten landwirtschaftlichen Betriebes und hat dort auch entsprechende große Investitionen vorgenommen, ohne dass dies durch den Pachtvertrag entsprechende Absicherung erfährt. Hierdurch kann es durchaus zu Missverständnissen über die Frage kommen, was nun übergeben wird und was dem Hofübergeber bereits aufgrund seiner vorab getätigten Investitionen zustünde. Denn die Investition in Gebäude hat regelmäßig zur Folge, dass diese Investition in fremdes Eigentum vorgenommen wird und der Investierende lediglich einen Ausgleichsanspruch bezüglich der Wertsteigerung gegenüber dem Eigentümer hat.
Was sind die schwierigsten Themen bei diesen Gesprächen und Vertragsverhandlungen?
Kerres: Die schwierigsten Themen in den Vertragsverhandlungen sind sicherlich die Regelungen mit den weichenden Erben, da die Höfeordnung für diese eine relativ bescheidene Abfindung vorsieht. Ein weiteres schwieriges Thema ist regelmäßig die Festlegung der Höhe der an den Hofübergeber von dem Hofübernehmer zu zahlenden Leibrente. Denn dieser Betrag soll einerseits an die Leistungsfähigkeit des landwirtschaftlichen Betriebes angepasst sein und andererseits die Bedürfnisse des Hofübergebers und evtl. seines Ehegatten abdecken. Dies ist immer dann unproblematisch, wenn aus dem Betrieb die Versorgung sowohl des Hofübergebers als auch des Hofübernehmers problemlos möglich ist. Sofern jedoch die betriebliche Situation wirtschaftlich schwierig ist, fällt natürlich auch ein entsprechender Kompromiss bezüglich der Höhe der Leibrente sehr schwer.