„Durch Vollmachten den Betrieb absichern“
Was sollte aus Erbrechtssicht ein Hofübergeber beachten?
Der Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes, der den Betrieb an die nächste Generation oder Dritte übergeben will, hat bereits eine wichtige und regelmäßig auch richtige Entscheidung getroffen: Der Hof soll zu einem von ihm festgelegten Zeitpunkt und nicht erst im Erbfall an den von ihm ausgewählten Nachfolger übergehen. Für eine Übertragung zu Lebzeiten spricht, dass ein nahtloser und zügiger Generationswechsel im Unternehmen vollzogen werden und der Übergeber dem neuen Betriebsinhaber als Berater noch zur Verfügung stehen kann. Ein früher Generationswechsel stärkt die Markt- und Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes.
Allerdings muss der Hofübergeber auch für den Erbfall Vorsorge treffen, denn jedem Betriebsinhaber kann auch in jungen Jahren durch Unfall oder Krankheit etwas passieren, sodass vielfach nicht die Zeit verbleibt, einen geeigneten Betriebsnachfolger zu bestimmen. Je nachdem, in welcher Lebensphase und in welchem Alter sich der Hofeigentümer befindet, sollte er beide Möglichkeiten in Betracht ziehen und hierfür Vorsorge schaffen. Dazu gehört zunächst, dass sich der Hofeigentümer fundiert über die erbrechtliche Situation informiert. Er muss wissen, wer ihn nach den gesetzlichen Regelungen beerbt, wie er die Nachfolge steuern und wer Ansprüche erheben kann, zum Beispiel der Ehepartner, Kinder, Eltern oder Geschwister. Ferner muss er wissen, welches Erbrecht in seinem Falle gilt. In Betracht kommen das allgemeine Erbrecht nach dem BGB, das Landguterbrecht, das landwirtschaftliche Sondererbrecht wie die Höfeordnung oder andere landesrechtliche Anerbenrechte.
Welche Vorkehrungen muss ein Hofeigentümer treffen, um sich und seine Familie abzusichern?
Wie jeder Unternehmer muss auch der Landwirt daran denken, dass er jederzeit durch Krankheit oder Tod im Betrieb ausfallen kann. Deshalb sollte er Vorkehrungen sowohl für das landwirtschaftliche Unternehmen als auch für seine Familie und natürlich auch für sich selbst treffen. Am wichtigsten ist dabei, darauf zu achten, dass die Familie sowohl im Krankheitsfall als auch nach dem Ableben des Betriebsinhabers in die Lage versetzt wird, das Unternehmen „von heute auf morgen“ fortzuführen. Wichtig ist, alle Informationen, die auch nur für eine kurzfristige Fortführung des Unternehmens erforderlich sind, geordnet und gebündelt bereitzuhalten, am besten in einem oder mehreren Ordnern. Der Ordner sollte Informationen darüber enthalten, wo welche Personen und Behörden kontaktiert werden können, um Angaben und Hilfestellungen zur Abwicklung der betrieblichen Abläufe zu geben. Ferner sollten bereits zu Lebzeiten Vollmachten ausgestellt werden, damit die Familienangehörigen unternehmerische Entscheidungen treffen können; zum Beispiel auf Betriebskonten Zugriff nehmen, um Betriebsmittel wie zum Beispiel Futter oder Saatgut zu kaufen, Angestellte oder Lohnunternehmer zu bezahlen oder Prämienanträge zu stellen. Es sollte Klarheit bestehen, welche Gelder aus Lebensversicherung oder Renten zur eigenen Versorgung zur Verfügung stehen. Geklärt werden sollte auch, welche geldlichen Verpflichtungen nach dem Tod des Hofeigentümers für die Erben weiterhin bestehen, zum Beispiel Darlehensschulden oder Altenteilsleistungen. Stellt sich dabei eine wirtschaftliche Versorgungslücke heraus, sollte zu Lebzeiten mit fachkundigen Beratern erörtert werden, wie diese geschlossen werden kann.
Wie muss sich der Hofeigentümer verhalten, wenn eine Generation überbrückt oder übersprungen werden soll?
Soll oder muss im Rahmen der Hofübergabe eine Generation überbrückt oder übersprungen werden, sollte sich der Hofeigentümer überlegen, in welcher Form dies geschehen kann und soll. Welche Generationen und welche Familienangehörigen müssen in der Zwischenphase vom Betrieb leben? Welche Geldmittel müssen und können in dieser Zeit zur eigenen Versorgung und zur betrieblichen Absicherung generiert werden? Von Bedeutung ist dabei, welche Struktur der Betrieb hat. In der Regel ist es unproblematisch, Flächen für eine gewisse Dauer an Dritte zu verpachten, bis die eigene Unternehmensnachfolge geklärt ist. Bei Hofgebäuden gestaltet sich dies in der Praxis vielfach schwieriger. Diese sind ohne behördliche Genehmigung vielfach nicht zu außerlandwirtschaftlichen Zwecken nutzbar. Ihre Erhaltung ist häufig mit enormen Kosten verbunden. Insofern sollte geprüft werden, ob ausreichend Geldmittel vorhanden sind oder mittels Verpachtung erzielt werden können, um auch die Gebäudesubstanz zu erhalten. In jedem Fall sollte der Hofeigentümer mit den Personen, die den Betrieb fortführen sollen, ein Gespräch führen, in dem Art und Umfang der Betriebsfortführung thematisiert werden. Sofern es sich hierbei um eine recht junge Generation handelt, zum Beispiel Enkelkinder, die vielleicht noch zur Schule gehen, sollte der Hofeigentümer dafür Sorge tragen, dass Dritte den Betrieb in der Zwischenphase so bewirtschaften und verwalten, dass ihn die Enkel später problemlos wieder anspannen können. Pachtverträge sollten daher nicht zu lange abgeschlossen werden, um sicherzugehen, dass eigene Familienmitglieder die Bewirtschaftung zügig wieder aufnehmen können.
Die Generation, die den Hof aktiv fortführen will und soll, sollte entsprechend ihrem Alter und ihren Fähigkeiten frühestmöglich in das Hofgeschehen eingebunden werden, um einen engen Bezug zum eigenen Betrieb zu bekommen. Allerdings darf auch hier der realistische Blick des Hofeigentümers, ob die nächste Generation die Bewirtschaftung des Betriebes tatsächlich wieder übernehmen kann, nicht fehlen. Ein Betrieb, der dauerhaft verpachtet wird, muss anders verwaltet werden als ein Betrieb, der künftig wieder von der eigenen Familie geführt werden soll. Es muss mit fachkundigen Beratern überlegt werden, ob der Betrieb bereits eine lange Verpachtungsphase wirtschaftlich schafft und ob Mittel und Gelder für ein „Wiederanspannen“ zukünftig zur Verfügung stehen. Ferner sollte kritisch geprüft werden, ob der Betrieb genug Reserven hat, damit er in einigen Jahren an den aktuellen landwirtschaftlichen Standard angepasst und eventuell umstrukturiert werden kann. Es sollte bereits frühzeitig überlegt werden, ob und in welcher Form – also im Haupt- oder Nebenerwerb – eine Fortführung des Betriebes zum Beispiel durch Enkel möglich ist.
Welche Verfügung muss ein Hofübergeber für den Fall seines Todes treffen?
Für den Fall seines Todes sollte der Hofeigentümer wissen, an wen er den Hof vererben will. Hierfür ist es zwingend erforderlich, dass man sich Klarheit verschafft hat, welche Möglichkeiten das Erbrecht bietet und welche Grenzen es setzt. Gilt das allgemeine BGB-Erbrecht, ist der Betrieb als Landgut vererbbar oder unterliegt er den Regelungen der Höfeordnung oder einem anderen landesrechtlichen Anerbenrecht? Ist dies geklärt, sollte überlegt werden, wer den Betrieb als Hofübernehmer oder Übernehmerin erhalten kann und soll: ein einzelner Erbe oder mehrere Erben, falls erbrechtlich möglich. Dabei ist jeweils zu differenzieren, ob es sich um einen jungen Hofeigentümer handelt, der einen Überbrückungszeitraum benötigt, bis eigene Kinder den Betrieb führen können, oder ob es sich um einen etwas älteren Hofeigentümer handelt, der bereits Kinder oder weitere Angehörige hat, die den Betrieb sofort übernehmen können. Im Falle der Vererbung an den Ehepartner sollte man sich Gedanken machen, ob dieser überhaupt in der Lage ist, den Betrieb alleine zu führen. Ferner sollte geklärt werden, wer den Betrieb nach dem Tode des Letztversterbenden bekommen soll. Gleichzeitig gilt es, die Ansprüche der weichenden Erben zu regeln und den überlebenden Ehegatten abzusichern, wenn der Betrieb direkt auf die nächste Generation übergehen soll. Um hier spätere Streitigkeiten zwischen den Familienangehörigen zu vermeiden, ist es erforderlich, dass der Hofeigentümer die rechtlichen und auch die steuerrechtlichen Regelungen und seine letztwillige Verfügung daran ausrichtet.
Welche Verfügung muss für den Fall des Todes des Übernehmers getroffen werden, sollte an eine Rückübertragung an den Übergeber gedacht werden?
Für den Fall, dass der Hofübernehmer vor dem Hofübergeber verstirbt, sollte sichergestellt sein, was mit dem Hof passiert. Vielfach geht es nicht nur um das landwirtschaftliche Unternehmen. Bei zu Lebzeiten übertragenen Betrieben werden in der Regel auch Wohn- und Altenteilrechte für den Hofübergeber vereinbart worden sein. Es besteht daher ein dringendes Bedürfnis, abzuklären und sicherzustellen, dass auch im Falle des Vorversterbens des Hofübernehmers keine Versorgungslücke für den ehemaligen Hofübergeber und seinen Ehepartner entstehen. Zugleich besteht ein starkes Interesse, den landwirtschaftlichen Betrieb, von dem mehrere Generationen leben, fortzuführen. Viele Hofübergabeverträge sehen für eine solche Situation Rückübertragungsklauseln zu Gunsten der Hofübergeber vor. Ob diese jedoch sinnvoll ist, muss in jedem Einzelfall entschieden werden. Die Rückübertragung an einen 80-Jährigen birgt nicht nur die Gefahr des Verlustes der Altersrente. Die Bewirtschaftung ist dem Altenteiler vermutlich nicht mehr möglich und zumutbar. Wichtig ist, dass nicht nur der Hofübergeber abgesichert ist, sondern Gleiches gilt auch für die Familie des Hofübernehmers. Gibt es Kinder, die den Hof später weiterführen könnten? Welche Zwischenverwaltung ist für den Hof möglich, bis die Kinder die entsprechende Berufsausbildung abgeschlossen haben? Des Weiteren sollte auch über Regelungen nachgedacht werden, die eine Absicherung der Schwiegerkinder vorsehen. Diese haben oft vielfach bis zum Tode des Hofübernehmers auf dem Hof mitgearbeitet, teilweise sogar eigenes Vermögen in den Hof investiert. Es muss geklärt werden, wie mit Investitionen von Schwiegerkindern in den landwirtschaftlichen Betrieb umgegangen wird, wenn der Hofübernehmer verstirbt und der Ehegatte nicht Hoferbe wird.
Welche Auswirkungen können eine plötzliche Erkrankung oder der Tod des Übergebenden auf den Hofübergabeprozess haben?
Plötzliche Erkrankungen oder der Tod des Übergebenden können einen Hofübergabeprozess erschweren oder gar verhindern. Ist der Übergeber aufgrund fortschreitender Erkrankung nicht mehr in der Lage, an einer notariellen Beurkundung mitzuwirken, ist es vielfach zu spät. Sind in einem solchen Fall keine Vorkehrungen getroffen, wer den Hof verwalten und führen soll, treten in der Praxis große Probleme auf. Es ist daher dringend zu raten, dass jeder Hofeigentümer, egal welchen Alters, den Fortgang des Betriebes auch in Krankheitsphasen, mögen sie auch nur von kurzer Natur sein, durch entsprechende Vollmachten, die die Fortführung des Betriebes ermöglichen, absichert. Die Risiken, die mit dem früheren Ableben des Hofübergebers für den Betrieb verbunden sind, lassen sich nur durch ein Testament oder Vollmachten absichern. Verstirbt der Hofeigentümer ohne Hinterlassung eines Testamentes, greift die gesetzliche Erbfolge. Diese kann bei Höfen, die dem Sondererbrecht unterliegen, recht unterschiedlich sein. Greift weder die Höfeordnung noch das Landguterbrecht, entsteht im Zweifel eine Erbengemeinschaft und der Hof fällt mehreren Erben zu. Dies ist für die meisten Höfe die schlechteste Situation, da sich die Erben selten einig sind und eine Zerschlagung des Hofes die zwangsläufige Folge ist.
Was müssen die Angehörigen im Falle einer plötzlichen Erkrankung oder des Todes des Hofübergebers beachten?
Bei einer langen oder lebensbedrohlichen Erkrankung sollten die Angehörigen mit dem Hofübergeber dringend über die täglichen Geschäfte des Hofes reden, sofern dieser hierzu noch in der Lage ist. Es sollte sich Klarheit verschafft werden, welche Maßnahmen und betrieblichen Handlungen erforderlich sind, um den Hof aufrechtzuerhalten und die betrieblichen Abläufe zu sichern. Sofern Vollmachten erforderlich sind, sollte der Hofinhaber diese erteilen. Rechtlicher Rat, was im Ernstfall erforderlich ist, muss eingeholt werden. Zusammen mit dem Hofinhaber sollte besprochen werden, wer welche Tätigkeiten auf dem Hof durchführen kann und wo unter Umständen Unternehmen und Personen zu finden sind, die hier einzelne Aufgabenbereiche des Hofübernehmers in Lohn übernehmen können.
Gibt es bei der vorweggenommenen Erbfolge gesetzliche Einschränkungen bei der Bestimmung des Hoferben?
Die Frage, wer Hoferbe werden kann, richtet sich danach, welche erbrechtlichen Bestimmungen Anwendung finden. Nach der Höfeordnung, die jedoch nicht in allen Bundesländern gilt und deren Anwendung vermieden werden kann, kann nur eine Person den Hof erben. Die Person muss überdies wirtschaftsfähig sein, das heißt die Fähigkeit haben, den Hof fachgerecht zu führen. Für den Fall, dass der Betrieb nicht der Höfeordnung unterliegt, sondern als Landgut vererbt werden soll, muss der Hofeigentümer durch eine ausdrückliche Regelung zum Ausdruck bringen, dass nur einer von mehreren Erben den Hof fortführen soll. Anderenfalls gilt das allgemeine BGB-Erbrecht, und es erben alle erbberechtigten Personen als Erbengemeinschaft den landwirtschaftlichen Betrieb. Letzteres ist sicherlich der schwierigste Fall, da selten eine Mehrheit von Personen einen landwirtschaftlichen Betrieb auf Dauer gemeinsam fortführen kann und will. Die Zerschlagung des landwirtschaftlichen Betriebes ist vielfach die Folge.
Wie sicher ist ein Hofübergabevertrag?
Ein notarieller Hofübergabevertrag ist für die Vertragsbeteiligten in der Regel sicher, da der Notar über alle wichtigen Dinge belehren muss und die Vertragsparteien an die im Vertrag getroffenen Regelungen gebunden sind. Allerdings setzt dies die „Sicherheit“ voraus, dass bei Abfassung des Vertrages alle denkbaren Probleme, die nach einer Übertragung entstehen können, bedacht und geregelt sind. Ein Vertrag „aus der Schublade des Notars“ oder einem gängigen Formularbuch reicht nicht aus. Jeder Erbfall und jede Betriebsübertragung ist einzigartig und mit anderen nicht vollständig vergleichbar. Die Lösung „von der Stange“ hilft im Zweifel nicht weiter, da gerade die persönlichen Konstellationen und Probleme im Erb- oder Unternehmensübergang nicht gelöst werden. Sofern die Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebes nicht bereits mit Beurkundung des Hofübergabevertrags erfolgen soll, ist beispielsweise darauf zu achten, dass der Hofübergeber nicht mehr die Möglichkeit hat, über den Grundbesitz anderweitig zu verfügen. Zeitgleich sollten für den Hofübergeber Absicherungen vereinbart werden, wenn die Sorge besteht, dass der Hofübernehmer den Hof überschuldet, verspielt etc. und die vereinbarten Altenteilleistungen nicht mehr geleistet werden können. Wer sich rechtzeitig informiert,die Gespräche mit allen Familienbeteiligten nicht scheut und sinnvolle vorsorgende Regelungen für Krankheit und Tod trifft, sichert nicht nur sich, sondern auch seine Familie und das Unternehmen frühzeitig ab und vermeidet damit unnötige Erbstreitigkeiten und Erschwernisse in der Betriebsführung. Wer hier Beratung spart, spart am „falschen Ende“.