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Wenn der Nachwuchs keine Lust auf Landwirtschaft hat

Die Tochter wird Lehrerin, der Sohn geht ins Ausland: Wenn Landwirte keinen Nachfolger für den Hof haben, sind andere Wege gefragt. Eine außerfamiliäre Hofnachfolge kann eine Chance sein.

Die meisten Hofübernehmer sind in der Regel Kinder von Hofbetreibern. Den Hof außerhalb der Familie weiterzugeben, ist immer noch ein seltener Fall – für manche Landwirte aber der einzig mögliche Weg. Umgekehrt gibt es immer mehr gut ausgebildete Junglandwirte, die nicht Erben eines Hofes sind und sich zutrauen, einen fremden Betrieb zu übernehmen. Der Beratungsdienst „Familie und Betrieb“ – eine landwirtschaftliche Familienberatung der Katholischen Landvolkbewegung (KLB) in der Erzdiözese Freiburg – sieht den Weg einer außerfamiliären Hofnachfolge als Chance. Denn die Landwirtschaft in Baden-Württemberg steht vor großen Veränderungen. 70 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe haben keinen Hofnachfolger.

Beraterin Maike Aselmeier erklärt, dass man bei außerfamiliären Hofübergaben vorurteilsfreier miteinander arbeiten kann, Familienkonflikte und „alte Rechnungen“ tauchen nicht auf. Doch wie findet man überhaupt einen Nachfolger außerhalb der Familie? „Die Suche ist ein Nadelöhr in der außerfamiliären Hofübergabe“, sagen Aselmeier und ihre Kollegin Birgit Mottler. Um zielgerichtet einen passenden Nachfolger zu finden und im zweiten Schritt kommunizieren und verhandeln zu können, sollte der Hofübergeber wissen, was er will und was er bieten kann. Denn im Gegensatz zur Nachfolgeregelung mit den eigenen Kindern muss hier zunächst eine Art „Vorstellungsgespräch“ stattfinden.

Der Landwirt, der den Hof abgeben möchte, sollte Flexibilität und Offenheit mitbringen, um neue Vorstellungen der potenziellen außerfamiliären Hofnachfolger zuzulassen beziehungsweise nicht gleich abzublocken. Er muss daher zunächst für sich klären, von welchen Prinzipien er Abstriche machen kann. „Diese Phase ist anspruchsvoll und nervenaufreibend“, erklären die Beraterinnen. Eine Begleitung, wie dies Experten verschiedener Vereine, Verbände und Landwirtschaftskammern anbieten, ist sinnvoll.

Nach der Suche beginnt das Kennenlernen. Nur wenn die „Chemie stimmt“, können Altbauer und Junglandwirt eine reibungslose Hofübergabe über die Bühne bringen. Der Nachfolger kann zum Beispiel ein Jahr lang alle Jahreszeiten auf dem Hof erleben, zusammen mit dem Altlandwirt arbeiten. In welcher rechtlichen Form das „Probearbeiten“ stattfindet, ist für das Ziel „zusammenzukommen“ unerheblich. Möglich, dass die Nachfolger zunächst Angestellte auf dem Hof den sie später übernehmen möchten.

Win-win-Situation für alle

Das aktive Zusammenarbeiten und Kennenlernen spielen für diese emotionale Phase eine wichtige Rolle. Alle Beteiligten müssen aber auch wissen, wie der Betrieb wirtschaftlich aufgestellt ist. Die Fakten müssen frühzeitig auf den Tisch. Für die Nachfolger sind die Gründerjahre eine besondere Belastung – sie beginnen eine neue Lebensphase in einem anspruchsvollen Berufsumfeld. Finanzielle Ressourcen müssen daher vorhanden sein. Der Wert des Hofes sollte also vorher bekannt sein. Wichtig ist auch, dass die Erben mit in die Gespräche einbezogen werden. Eine außerfamiliäre Hofübergabe kann eine Win-win-Situation sein. Neueinsteiger sind hochmotiviert, bringen neue Ideen mit. Für Landwirte und deren Kinder, die kein Interesse an einer Übernahme haben, ist das eine entlastende Situation. Jede Hofübergabe und jede Existenzgründung ist ein Einzelfall. Es gibt daher nicht „die“ Handlungsempfehlung, sondern viele Tipps für die Vorbereitung der Hofübergabe.

Außerfamiliäre Hofübergabe

  • Hofübergeber klärt, ob es Nachfolger in der Familie gibt
  • Vor der Suche: Hofbetreiber klärt, was er will und von welchen Zielen er abrücken kann
  • Kennenlern-Phase: Eigentümer und Nachfolger arbeiten im Idealfall zusammen
  • Stimmt das menschliche Miteinander?
  • Knackpunkt: Was ist der Hof wert?
  • Welche Investitionen stehen an?
  • Erben einbeziehen
  • Professionelle Begleitung suchen
  • Getroffene Vereinbarungen verschriftlichen

Seminare zur Hofübergabe

Für Menschen. die einen landwirtschaftlichen Betrieb abgeben oder übernehmen möchten, finden regelmäßig Seminare zum Thema Hofübergabe im Bildungshaus Kloster St. Ulrich statt. Information und Anmeldung: Bildungshaus Kloster St. Ulrich, Telefon:  07602-9101-0 oder E-Mail:  info@bksu.de