Was bei der Pflegeklausel zu beachten ist
Zwar gilt der Grundsatz des privilegierten Erbrechts weiterhin: Derjenige, der den Hof bekommt, kümmert sich im Alter um die Eltern. Aber dies wird heute meist anders gelebt als früher – was sich auch im Übergabevertrag widerspiegeln sollte. Bis vor wenigen Jahrzehnten war es üblich, den Hofübergebern fast uneingeschränkte „Hege und Pflege in alten und kranken Tagen“ zuzusichern – für den Hofübernehmer ein unkalkulierbares Risiko.
Muss der Altenteiler später in ein Pflegeheim umsiedeln, ist der Übernehmer nämlich verpflichtet, sämtliche Kosten zu übernehmen, die nach Anrechnung des Pflegegeldes noch verbleiben. Weder öffentliche Einrichtungen noch weichende Erben müssen sich finanziell beteiligen. „Schnell landet man da in einer Größenordnung von 1.000 bis 1.500 Euro monatlich“, sagt Stefan Müller von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.
Pflegeklausel nicht mehr zeitgemäß
In vielen neueren Verträgen wird deshalb auf die vertragliche Absicherung der Pflege verzichtet – auch weil die Lebenswirklichkeit in den Familien heute eine andere und der Ehepartner des Hofübernehmers oft anderweitig berufstätig ist. Doch ganz so einfach ist es nicht. Schließlich möchten die Altenteiler auf dem Hof alt werden – und die Übernehmer dies in den meisten Fällen auch ermöglichen. Deshalb sind Regelungen für die Pflege bei Krankheit und Gebrechlichkeit durchaus sinnvoll.
Wie aber können finanzielle Belastungen des Hofnachfolgers begrenzt werden, ohne den Pflegeanspruch der Altenteiler zu gefährden? In früheren Übergabeverträgen waren meist Pflegeverpflichtungen enthalten, soweit dies dem Übernehmer „zumutbar“ ist.
7 Tipps zu den Pflegeverpflichtungen
- Auf Pflegeverpflichtung im Hofübergabevertrag verzichten und stattdessen einen höheren Austrag vereinbaren oder die Pflegeverpflichtung auf Pflegegrad 1 beschränken
- Regeln, dass die Erforderlichkeit einer Heimunterbringung durch einen neutralen Dritten festgestellt wird
- Klare Abgrenzungen bei Versorgungsleistungen festlegen
- Statt Mahlzeiten „am Familientisch“ besser einen höheren Austrag vereinbaren
- Fahrdienste begrenzen beziehungsweise über höheren Austrag regeln
- Keine Verpflichtung zu „persönlicher“ Pflege vereinbaren
- Vorsorgevollmacht statt Pflegeverpflichtung aufnehmen
Was ist zumutbar?
Die Zumutbarkeit wird in der Rechtsprechung oft am Umfang der Pflegebedürftigkeit festgemacht. Statt der Verpflichtung zu „zumutbarer“ Pflege wird diese deshalb in neueren Übergabeverträgen oft gleich auf den Pflegegrad 1 beschränkt.
Die Pflegeverpflichtung muss, ebenso wie das Altenteilerwohnrecht, entfallen, sobald der Berechtigte dauerhaft in ein Heim umsiedelt, da andernfalls Rückgriffsrechte der Sozialhilfeträger drohen. „Dazu bedarf es aber der Regelung, dass die Erforderlichkeit der Heimunterbringung durch einen neutralen Dritten, z.B. den Hausarzt festgestellt wird“, sagt Helmut Bleher, Geschäftsführer des Bauernverbands Schwäbisch Hall Hohenlohe Rems. Eine einfache Regelung, wonach der Wegfall durch freiwilligen Auszug ausgelöst wird, führe in der Praxis häufig zu einer Ersatzpflicht.
Kost, Logis und Fahrdienste klar regeln
Übergabeverträge enthalten oft auch Ansprüche der Altenteiler auf Fahrten zum Arzt oder zum Einkaufen und das Recht auf Kost und Logis „am Familientisch“. Auch hier ist Vorsicht geboten.
Rechtsanwalt Josef Deuringer von der Augsburger Kanzlei Meidert rät, auf detaillierte Versorgungsleistungen im Übergabevertrag zu verzichten und dies stattdessen über ein höheres Baraltenteil zu regeln. In seiner Praxis hat Deuringer schon viel erlebt. „Wenn sich Jung und Alt nicht mehr verstehen, wird die Suppe immer dünner.“
Wenn monatlich ein fester Betrag für Mahlzeiten einkalkuliert sei, könnten die Altenteiler selbst entscheiden, ob sie selbst kochen, Essen auf Rädern bestellen oder sich den Schweinebraten aus der Metzgerei kommen lassen. Wenn es im Alltag dann anders gelebt wird und die Schwiegertochter gut und gerne mitkocht, könne man den Jungen ja regelmäßig etwas zustecken. Letztlich ist das aber, räumt Deuringer ein, eine Frage des Geldes und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Betriebs.
Ähnliches trifft beim Thema Fahrdienste zu. „Eine Lösung kann hier sein, sich vertraglich zu einer festen Anzahl an Fahrten, z.B. zwei pro Monat, zu verpflichten – und durch einen höheren Austrag sicherzustellen, dass die Übergeber in der Lage sind, darüber hinaus nötige Fahrten z. B. mit dem Taxi selbst zu bestreiten.
„Konflikte werden in der Regel nicht durch Pflege- oder Wohnrechte ausgelöst“, sagt Helmut Bleher vom Bauernverband. Unklare Regelungen könnten aber dazu führen, dass persönliche Befindlichkeiten mit mehr Schärfe ausgetragen werden. Auch er rät zu klaren Abgrenzungen.
„Persönliche“ Pflege vermeiden
Neben der finanziellen Überforderung können Pflegeklauseln auch zu psychischer und physischer Überlastung führen – insbesondere wenn im Hofübergabevertrag ausdrücklich auf persönlicher Pflege durch den Übernehmer und seine Familie bestanden wird.
„Die Pflegeverpflichtung zulasten des Hofübernehmers als Instrument der Abfindung weichender Erben ist nicht geeignet, da es sich hier um unkalkulierbare Summen handelt. Sowohl im Zeitraum, wann sie fällig werden als auch der Höhe nach“, sagt Helmut Bleher.
Er vertritt die Auffassung, dass auf Pflegeverpflichtungen im Hofübergabevertrag ganz verzichtet werden sollte. Schließlich gehe es hier um die Frage, wer die Eltern im Alter pflegen soll und dies sei gemeinsame Aufgabe der Kinder. „Der Gesetzgeber hat die Leistungspflicht der unterhaltsverpflichteten Kinder in den letzten Jahren stark eingeschränkt. Diese sollte nicht durch Regelungen im Hofübergabevertrag wieder einseitig dem Übernehmer aufgebürdet werden.“
Andererseits wünschen die Eltern meist, dass der Hofnachfolger Verantwortung für ihre Pflege im Alter übernimmt. Weil sie ja auf dem Hof leben, sei es auch sinnvoll, den „Übernehmer zumindest dazu zu verpflichten, dass er die Pflege (z.B. Arztbesuche) organisiert“, sagt Stefan Müller von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Dies kann man durch Vorsorgevollmachten lösen oder zur Not auch im Vertrag als „reine Betreuung ohne konkrete Leistungsverpflichtung“ formulieren.