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Landwirte treffen auf potenzielle Hofübernehmer

Jammern ist erlaubt: Auf dem Kontaktforum Hofübergabe kamen in Fulda Hofabgeber und junge Menschen zusammen, die sich ein Leben in der Landwirtschaft vorstellen können.

Viele Erwartungen hat ein norddeutscher Landwirt (Name der Redaktion bekannt) an seine potenziellen Hofübernehmer nicht. Nur eins steht für ihn fest: „Ich möchte, dass mein Hof als biologischer Betrieb weitergeführt wird.“ Als er in die Öko-Landwirtschaft einstieg, habe ihn seine Familie gefragt, ob er das schaffen werde. Er hat es geschafft und möchte, dass sein Lebenswerk fortgeführt wird. Seine Nachbarschaft und sein Arbeitsumfeld wissen noch nicht, dass er abgeben möchte und auf der Suche nach einem Nachfolger ist, daher will er seinen Namen nicht öffentlich nennen. Der Landwirt ist einer von rund 100 Teilnehmern des Kontaktforums Hofübergabe, das in der Jugendherberge Fulda von der Stiftung Ökologie und Landbau (SÖL) und der BioBoden Genossenschaft veranstaltet wird. Es geht in erster Linie um den Austausch von Hofabgebern und potenziellen Hofübernehmern. In vertrauensvoller Atmosphäre gibt es in kleinen Workshops und Arbeitsgruppen Möglichkeiten zur Begegnung und zum Kennenlernen.

Einige erhoffen sich neuen Input, andere, auf dem Forum den richtigen Nachfolger zu finden. Ein Hofabgeber erkundigt sich nach den Namen von jungen Leuten aus Rheinland-Pfalz, mit denen er näher in Kontakt treten möchte, nachdem sie sich auf dem Forum als „Suchende“ vorgestellt haben. Die Veranstalter vermitteln in solchen Fällen zwischen Abgeber und Suchenden. In anderen Fällen sorgen sie „nur“ für den nötigen Freiraum zum Austausch und zur Motivationsbildung.

"Ich bin frustriert"

„Ich stehe seit zehn Jahren im Gespräch mit meinen Eltern, ob ich den Hof übernehme. Ich kann das nicht neutral ausdrücken. Derzeit bin ich nur noch frustriert. Vielleicht habe ich nächste Woche eine Entscheidung gefällt“, sagt eine junge Frau im Interview. Später bekennt sie im Gespräch vor der Gruppe, dass sie Angst hat, dass ihre Eltern nach einer Übernahme weiterhin „ zu viel Einfluss“ ausüben wollen. Etliche Gespräche habe sie ohne Erfolg geführt. „Es fehlt das Vertrauen, aber ich will jetzt nicht jammern“, sagt sie. Dabei ist auch Jammern erlaubt, persönliche Fragestellungen seien auf dem Forum, zu dem auch Landwirte, die konventionelle Landwirtschaft betreiben, gekommen sind, ausdrücklich gewünscht. Für Interessierte gibt es Einzelberatungen.

Wie unterschiedlich die Wege zu einer Hofübergabe sind, wird auf dem zweitägigen Forum 2019 deutlich. Eine Frau aus Niedersachsen erzählt im Interview, dass sie ihr Familienunternehmen an ihren Sohn vererbt hat. Sie ist überzeugte Biolandwirtin. Ihr Sohn verpachtet den Betrieb jetzt an jemanden, der konventionelle Landwirtschaft betreibt. Damit sie weiterhin Biolandwirtschaft aktiv unterstützen kann, hat sie sich am Kauf an einer landwirtschaftlichen Fläche beteiligt und ihren Anteil an eine Stiftung weitergegeben.

Ein Hofnachfolger berichtet, dass er den Betrieb nach der Übernahme ganz neu strukturieren möchte. Er will eine Holding gründen. „Ich möchte einzelne Betriebszweige abtrennen. Damit, wenn ein Bein abbrechen sollte, nicht das ganze Konstrukt zusammenbricht.“  Er nimmt am Forum teil, um Ideen mitzunehmen. Die Liste der Ideen ist lang. „Vieles, was die Jugend von heute beschäftigt, war schon zu meiner Zeit so“, sagt ein älterer Landwirt. So sei es auch damals schon schwierig gewesen, eine Partnerin zu finden, die bereit sei, aktiv in die Landwirtschaft einzusteigen. Das Thema private Partnerschaften und Familienplanung beschäftigte die Teilnehmer ebenfalls, was in den Gesprächen außerhalb der Workshops deutlich wurde.

Die Veranstalter zogen ein durchweg positives Fazit. „Wir waren sehr zufrieden, was die Ausgewogenheit von Suchenden und abgebenden Landwirten betrifft. Auch die Offenheit und die Mitteilungsbereitschaft hat uns selbst beim nun bereits vierten Durchgang erneut überrascht“, erklärte Johannes Augustin vom Organisationsteam und wissenschaftlicher Mitarbeiter der SÖL.