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„Viele Landwirte denken wenig an die Zahlen“

Bereits ab einem Alter von 40 Jahren sollte sich ein Landwirt Gedanken um seine Hofnachfolge machen, rät Rasso Sandkühler, betriebswirtschaftlicher Berater beim LLH.

„Es ist wie beim Fußball: Nach der Hofübergabe ist vor der Hofübergabe“, sagt Rasso Sandkühler. Der Agraringenieur ist seit 17 Jahren betriebswirtschaftlicher Berater beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) und berät Hofeigentümer und potenzielle Nachfolger im südhessischen Raum. Zudem ist er beim LLH für die Hessische Hofbörse zuständig, die kostenfrei zwischen Hofabgebern und -suchenden vermittelt. Er weiß, dass viele Landwirte wenig an die Zahlen, aber viel an die Arbeit, an die Zeit in der Natur, an ihre Tiere denken. Doch unabhängig davon, wie die familiäre und finanzielle Situation aussieht, sollte man rechtzeitig an das Thema Hofnachfolge denken, empfiehlt Sandkühler. „Im Alter von 40 bis 50 Jahren sollte man verschiedene Szenarien durchdenken. Was ist, wenn meine Kinder später nicht den Hof übernehmen wollen. Was wünsche ich mir? Was ist mir wichtig? Diese Fragen sollten so früh wie möglich ausgesprochen werden.“

Im nächsten Schritt rät der Experte, sich mit den Familienmitgliedern an einen Tisch zu setzen, um über die Situation und die Wünsche für die Zukunft zu sprechen und gegebenenfalls einen Berater, der das Gespräch moderiert, einzuschalten. „In Abständen von  zwei bis drei Jahren sollte die Gesprächsrunde wieder aufgenommen werden. Denn wenn man nur mit den Familienmitgliedern spricht, die gerade zu Besuch sind, entsteht eine undurchsichtige Informationslage.“ Die weichenden Erben, also diejenigen, die den Hof nicht übernehmen, aber eine Abfindung erhalten, sollten so früh wie möglich einbezogen werden. Noch immer entstehe ein falscher Eindruck bei vielen weichenden Erben. „Sie sehen den Hof, das schöne Grundstück, die Ackerflächen und Felder, die der Hofnachfolger übernimmt, und denken an den Gewinn, der ihnen entgehen könnte. Dabei ist das der Arbeitsplatz des Hofnachfolgers“, beschreibt er. Verkürzt ausgedrückt: „Der Übergeber sieht die Werte, der Übernehmer den Arbeitsplatz.“

Und wenn der Hofnachfolger den geerbten Arbeitsplatz ändern möchte? Sandkühler empfiehlt den Kompromiss. Tierhalter tun sich zum Beispiel schwer mit der Vorstellung, dass die nächste Generation diese aufgeben möchte. Ein Kompromiss wäre  zum Beispiel, dass zunächst der Hofabgeber noch einige Schweine behält und diese dann quasi als Hobby weiterführt. Tierhaltung liege nicht jedem, aber man müsse auch vorher prüfen, ob man ohne Tierhaltung existenzfähig sei, rät er den Nachfolgern. Die heutige Generation habe häufig andere Vorstellungen, viele sind gut ausgebildet und wollen den Betrieb vergrößern. Das könne ein Erfolgsmodell sein, wenn der Hofübernehmer Management und betriebswirtschaftliche Vorgaben beherrscht. Ebenfalls sei es öfter der Fall, dass Nachfolger ökologischen Landbau betreiben wollen. Dies komme seit einigen Jahren insbesondere bei außerfamiliären Hofnachfolgern häufiger vor.

Eine Veränderung, die er in jüngster Zeit feststelle, sei beim Thema Altenteil. Früher war ungeschriebenes Gesetz, dass der Hofnachfolger die Altenteiler auch pflegt. Inzwischen machen dies Nachfolger nur bis zu einem bestimmten Punkt, dann kommen auch die weichenden Erben wieder in die Verantwortung. „Auch das sollte man vorher schriftlich regeln“, sagt er.

Ein externer Berater dürfe Hofübergebern allerdings niemals eine Entscheidung abnehmen. „Wir zeigen wirtschaftliche Perspektiven auf, rechnen den Ertragswert aus oder schauen, welche Investitionen realisierbar sind.“ Wenn jemand aber damit leben könne und wolle, dass er sein Eigenkapital aufbraucht, um seine Pläne zu verwirklichen, dann sei dies seine freie Entscheidung. „Es gibt viele Lebensentwürfe, daher ist jede Hofübergabe anders“, fasst Sandkühler zusammen. Mit 55 Jahren sollte ein Landwirt seine Hofübergabe in trockenen Tüchern haben.

Hofübergabe vorbereiten

  • Bereits im Alter von 40 bis 45 Jahren an die Hofnachfolge denken und erste Wünsche formulieren
  • Die Familie zum Gespräch bitten
  • Gegebenenfalls einen externen Berater hinzuziehen
  • Diese Gespräche im Abstand von 2-3 Jahren fortsetzen und eventuell Ziele umformulieren
  • Wirtschaftlichkeit berechnen
  • Nach und nach Verantwortung an den Nachfolger abgeben, zum Beispiel innerhalb einer GbR
  • Hofübergabevertrag formulieren und sich dazu beraten lassen
  • Weichende Erben in die Entscheidungsprozesse gut einbinden
  • Beschäftigung für das Altenteil planen