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„Außerfamiliäre Hofübergabe ist immer noch Tabuthema“

Die gelernte Landwirtin Maike Aselmeier berät als Psychologin und Mediatorin Hofnachfolger und Hofeigentümer. Im Interview fordert sie eine andere Sicht auf außerfamiliäre Hofübergaben.

Wo liegen die größten Hürden vor einer Hofübergabe?

Wenn Landwirte nicht mehr in ihren Hof investieren, weil sie nicht wissen, wer und ob jemand ihren Hof übernimmt, dann sorgen sie noch mehr dafür, dass sich kein Nachfolger findet. Ein Betrieb muss überlebensfähig sein. Keiner will einen Hof übernehmen, der einen Investitionsstau hat. Das ist ein Teufelskreis.

Die zweite große Hürde ist, dass es heute meist einfacher und lukrativer ist, Ländereien zu verpachten, als sie zu bewirtschaften. Alle wollen Bodenfläche als Investitionsgut. In der Landwirtschaft gilt die Prämisse „wachse oder weiche“. Damit ist es für kleinere Betriebe schwieriger zu überleben. Wenn man nicht weiß, wer den Hof übernimmt, ist es einfacher Ländereien abzugeben, als einen Nachfolger zu suchen. Die außerfamiliäre Hofübergabe ist in der Landwirtschaft immer noch ein Tabuthema. Es gibt insbesondere in Süddeutschland noch viele Junggesellenbetriebe. Die Eigentümer haben keine Kinder. Sie suchen nicht in der Ferne aktiv nach Fremden, die den Hof übernehmen. Dazu fehlt es auch zu sehr an Informationen.

Haben Sie schon gescheiterte Hofübergaben erlebt?

Ja, die gibt es. Ich habe zum Beispiel erlebt, dass die Parteien nach einem Jahr den Hofübergabevertrag aufheben wollen. Aber ich plädiere dafür, dass außerfamiliäre Hofübergaben als so normal angesehen werden wie solche innerhalb der Familie und diese nicht als Misserfolg betrachtet werden. In der Familie können zwischenmenschliche Faktoren den Übergabeprozess zum Scheitern bringen. Ein Vater übergab in einem solchen Fall den Betrieb an einen Nachfolger außerhalb der Familie, und der eigene Sohn übernahm den Hof von einem Fremden.

Was sind Vorteile einer außerfamiliären Hofübergabe?

Tradition und Werte sind in der Landwirtschaft immens wichtig. Wenn auch die ideellen Werte durch eine Hofübergabe erhalten bleiben, ist der Landwirt zufrieden. Allerdings gibt es auch Nachteile. Wenn der Hof an Externe vergeben wird, dann geht es zum Verkehrswert und nicht zum Ertragswert. Es fällt Schenkungssteuer an. Außerfamiliären Nachfolgern fehlt die Erfahrung, die Kinder von Landwirten haben, weil sie auf dem Hof aufgewachsen sind. Allerdings haben sie den Vorteil, dass sie stärker kommunizieren müssen, weil von ihnen nicht erwartet wird, dass sie alles kennen.

 

Wann sollte die Hofübergabe beginnen?

Ein Landwirt, der Mitte 50 ist, sollte sich Gedanken machen, wie seine Familie zum Hof steht. Ein Übergabeprozess kann schließlich bis zu vier Jahre dauern. Ein guter Weg kann sein, den Nachfolger zunächst anzustellen oder mit ihm in einer GbR zusammenzuarbeiten.

Wann kommen Sie als Mediatorin zum Einsatz?

Am liebsten ist es mir, wenn ich ganz am Anfang einer Hofübergabe eingebunden werde, sozusagen präventiv. Dann fungiere ich als Wegbereiter. Meist bin ich bei Gesprächen zwischen Altlandwirt und Übernehmer dabei, um zu moderieren.

Was empfehlen Sie Hofnachfolgern und Eigentümern?

Geht raus und sucht das Gespräch, um Nachfolger zu finden. Das empfehle ich Altlandwirten. Je mehr sie sich mit dem Thema beschäftigen, desto normaler wird es für sie. Sie sollten sich auch nicht minder geehrt fühlen, wenn Nachfolger etwas ganz anderes aus ihrem Betrieb machen wollen. Ich ermutige kleinere Betriebe, neue Wege zu gehen. Ferien auf dem Bauernhof kann zum Beispiel ein Konzept sein, um den Hof weiterzuführen. Älteren fällt es manchmal schwer, sich auf neue Konzepte einzulassen. Umgekehrt sollten Nachfolger die Älteren nicht drängen. Das Loslassen braucht Zeit. Ich empfehle, den Kontakt zu anderen Generationen zu suchen. Wir sind zum Beispiel im Südschwarzwald gerade dabei, einen Hofübergabe-Stammtisch zu gründen, damit Alt und Jung ins Gespräch kommen. Es geht nicht um die Vermittlung.

Man sollte auch wissen: Garantien gibt keiner. Eine Hofübergabe kann auch bei genauer Vorbereitung schief gehen. Das ist wie bei einer Ehe. Man kann sich nicht zu hundert Prozent absichern. Ich empfehle auch, in den Hofübergabevertrag eine Rückübergabeklausel einzubauen – sie kann sehr viel Sicherheit bieten. Nur, wie so vieles anderes, sollte es wohlüberlegt sein und bedarf Gespräche. Es ist nicht sinnvoll, wenn ein 80-Jähriger noch mal den Hof zurückerbt. Einen Hofübergabevertrag sollten aber alle abschließen.