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Konflikte bei der Abfindung weichender Erben lösen

Die Höhe der Abfindung für weichende Erben ist oft der schwierigste und konfliktreichste Teil der Hofübergabe - und das obwohl die Eltern meist allen Kindern gerecht werden wollen.

Die Abfindung der weichenden Erben liefert oft Zündstoff. Es geht schließlich um Geld. Im Kreise der Familie wird das Erbfolge-Thema oft ausgeblendet, birgt es doch viele Konflikte und rechtliche Fallstricke. Welches Kind soll den Hof erben? Wie viel Abfindung erhalten die weichenden Erben, wenn die Eltern außerlandwirtschaftliches Vermögen wie Photovoltaikanlagen, Mietwohnungen, oder Beteiligungen an Biogas- oder Windkraftanlagen) erwirtschaftet haben? Je mehr strittige Punkte im Vorfeld einer Hofübergabe geklärt werden, desto besser für alle beteiligten Parteien. Damit der Hof wirtschaftsfähig bleibt, scheidet eine Abfindung nach Verkehrswerten in der Regel aus – der Hoferbe müsste ansonsten Schulden machen oder Flächen verkaufen, um seine Geschwister abzufinden. Deshalb sieht der Gesetzgeber Sonderregelungen (siehe Thematik Erbrecht) bei der Hofnachfolge vor.

Höfeordnung

Bei der Vererbung nach Höfeordnung bemisst sich die Abfindung am Hofeswert. Der entspricht dem anderthalbfachen Einheitswert. Nach Abzug von möglichen Schulden müssen mindestens ein Drittel des Hofeswertes für die Berechnung der Abfindung herangezogen werden. Der Vorteil: Mit der Hofübergabe steht den weichenden Erben (nur den Kindern) automatisch ihre gesetzliche Abfindung zu. Als Ausgleich für die relativ niedrige Abfindung, gemeinhin als sogenannter Lachgroschen bezeichnet, spricht ihnen die Höfeordnung Nachabfindungsansprüche zu. Zum Beispiel für den Fall, dass der Hoferbe den Betrieb nicht im Sinne der Höfeordnung bewirtschaftet.

Sonderregelungen

In den Bundesländern, in denen die Höfeordnung nicht gilt, kommen landesspezifische Anerbengesetze zur Anwendung. Außerdem gibt es bundesweit die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) vorgesehene Privilegierung des Landgutes. Ein Altbauer kann also seinen Betrieb per Testament als Landgut vererben. Das BGB-Landguterbrecht sieht jedoch keine speziellen Abfindungsregelungen vor. Die Abfindung der weichenden Erben erfolgt nur nach dem Ableben des Hofübergebers innerhalb von zehn Jahren nach der Übergabe. Dann können die weichenden Erben ihre erbrechtlichen Ansprüche geltend machen – allerdings nur nach dem Ertragswert. Achtung: Die Abfindungsansprüche verjähren nach drei Jahren ab Kenntnis vom Tod des Erblassers und der Hoferbfolge beziehungsweise ab Kenntnis davon, dass ein wirksamer Hofübergabevertrag abgeschlossen wurde. Diese Rechtsfolge hat sich aus der Streichung des früheren § 197 Abs. 1 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergeben. Verstirbt der Übergeber mehr als zehn Jahre nach der Hofübergabe, gehen die weichenden Erben dagegen leer aus. Sie haben dann rechtlich gesehen keinerlei Ansprüche mehr.

Auswirkungen der Erbrechtsreform

Mit der letzten Erbrechtsreform ist das Pflichtteilsrecht zugunsten der Übernehmer verändert worden. Der Wert des Betriebes – ob Ertrags- oder Verkehrswert – wird für die Berechnung der Pflichtteile linear abgeschrieben. Ein Jahr nach Zuwendung (Hofübergabe) sind nur noch 90 Prozent, nach zwei Jahren nur noch 80 Prozent, nach neun Jahren nur noch 10 Prozent und nach zehn Jahren nichts mehr anzurechnen. Früher waren 100 Prozent anzusetzen für zehn Jahre, und dann von einem Tag auf den anderen gar nichts mehr. Heute beginnt die lineare Abschreibung mit dem Tag der Übergabe. Das stärkt die Position des Übergebers gegenüber den Pflichtteilsberechtigten, sie zum Verzicht auf Gegenleistung zu verpflichten.

  • Am einfachsten ist es, wenn Erben aus dem Privatvermögen abgefunden werden können, wenn also zum Beispiel Immobilien wie eine Eigentumswohnung oder das ehemalige Landarbeiterhaus an die weichenden Erben abgegeben werden können.
  • Eine Abfindung durch ein vom landwirtschaftlichen Betrieb unabhängiges Betriebsvermögen. Hier sollte man allerdings sehr genau die Steuerlast im Blick behalten.
  • Die Altenteiler behalten Teilflächen von weniger als zehn Prozent zurück und schenken diese zu einem späteren Zeitpunkt den weichenden Erben.
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Das Festhalten des Gesetzgebers an dem Hauptfeststellungszeitpunkt von 1964 führt zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen, für die es keine ausreichende Rechtfertigung gibt. Mit dieser Begründung hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts die Vorschriften mit Urteil vom April 2018 für verfassungswidrig erklärt und bestimmt, dass der Gesetzgeber spätestens bis zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung zu treffen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen die verfassungswidrigen Regeln weiter angewandt werden. Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen sie für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024 angewandt werden.

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Neue Rechtsprechung

Laut Bundesfinanzhof muss jetzt unterschieden werden, ob die weichenden Erben den Pflichtteilsverzicht bereits zu Lebzeiten oder erst nach dem Tod des Erblassers vereinbaren. Die günstigere Steuerklasse mit dem Freibetrag von 400.000 Euro greift also ausdrücklich nur noch dann, wenn die weichenden Erben den Verzicht nach dem Tod des Erblassers einräumen. Erklären sie den Verzicht jedoch schon zu Lebzeiten des (späteren) Erblassers, müssen sie mit einer höheren Steuerlast rechnen (Urteil vom 10.05.2017, Az II R 25/15).

Die Empfehlung des Steuerexperten

„Derzeit ist noch offen, ob es für bereits vollzogene Übergaben eine Übergangsregelung gibt oder ob im schlimmsten Fall schon die neue Regelung gilt. Wir empfehlen deshalb, die Abfindungszahlungen, auch Gleichstellungsgeld genannt, zu Lebzeiten an den Hofübergeber und nicht an die Geschwister zu vereinbaren“, erklärt Martin Czekalla, Steuerberater bei Ecovis in Mainburg.  Im nächsten Schritt leistet der Übergeber diese Abstandszahlung an die weichenden Erben oder leitet die Zahlungsverpflichtung an den Hofübernehmer weiter. „So erreicht man eine sichere Lösung, die den Ansatz der Steuerklasse I gewährt und nicht zu einer erhöhten Steuerbelastung führt. Nach dem Tod des Erblassers (Auflagen, Pflichtteile, Vermächtnisse) gelten für die Zahlungen des Erben an Pflichtteilsberechtigte weiterhin die günstigere Steuerklasse und der Freibetrag im Verhältnis zum Verstorbenen (Eltern) – auch wenn der Erbe den Geldbetrag leisten muss. Die Zahlung gilt dann immer noch als vom Erblasser stammend.“

 

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